Mein Platz im Feminismus ist kein Streitthema
Wenn trans* Personen nur zugehört wird, wenn wir möglichst ohne Emotionen und vollständig rational argumentieren, warum wird dann Argumenten wie „Trans Frauen sind alle nur pervers“ zugehört?
Das tone policing, dass gegenüber trans* Personen betrieben wird, ist leider vollständig normalisiert. Wir sollen common ground mit Leuten finden, die uns absprechen wer wir sind und über uns entscheiden wollen.
Nach einer Weile wird es auch anstrengend immer die gleichen, vollständig irrationalen und durch Misogynie, Rassismus, Behindertenfeindlichkeit, Fettenfeindlichkeit, Antisemitismus und eigentlich jede Form von Diskriminierung geprägten Argumente mit vermeindlichen Allies auszudiskutieren.
Ich werde hier noch einmal, vollständig rational, auf gängige transfeindliche Aussagen eingehen.
1. Trans* Frauen in Damentoiletten zu lassen öffnet die Türen für gewalttätige Männer.
Die haben schon Zugang, nur keine Sorge. Gewalttätige cis Männer mit bösen Absichten lassen sich weder von einem Verbotsschild aufhalten, noch denken sie, dass sie sich als Frau verkleiden müssten.
Wir sind vollständig daran gewöhnt cis Männern Zugang zu Damentoiletten zu ermöglichen, weil es oft gar nicht anders geht.
Ein Vater der mit der jungen Tochter unterwegs ist, nutzt oft die Damentoilette für die Tochter. Er muss allerdings natürlich mit rein, weil er eine Aufsichtspflicht zu erfüllen hat.
Handwerker und Sicherheitsleute haben ebenso ungehindert Zugang. Beides ist als Verkleidung einfacher zu erreichen als sich als Frau zu verkleiden. Besonders wenn trans* Frauen und trans*femininen Personen mehr misstraut wird, als cis Männern im Blaumann.
Das Ausschließen von trans* Frauen passiert darüber hinaus nicht durch Nachweis des trans* seins, sondern auf Grund optischer Merkmale.
Die Berichte von cis Frauen und afab1 Personen, die auf Grund zu maskulinem Auftretens in Toiletten von transfeindlichen Menschen belästigt werden häufen sich.
Diese Belästigung reicht von Fragen nach den Genitalien, bis hin zu männlichen Securities, die die Person aus der Damentoilette entfernen. Auch gewaltvoll2. Dies ist vor allem auch gefährlich für cis Butch Lesben3 welche Gender Critical Feminist*innen ihrer Meinung nach beschützen wollen.
2. Trans* sein ist Konversionstherapie für LGB Menschen.
14% ist eine der Zahlen die kursieren, wenn eins sich Umfragen ansieht, wie viele trans* Personen sich als heterosexuell bezeichnen. Offizielle Zahlen gibt es keine. Die Aussage, dass trans* sein LGB-Personen heterosexuell machen soll, ergibt wenig bis keinen Sinn.
Im Gegenteil scheinen trans* Personen häufiger schwul, lesbisch, bisexuell, pansexuell oder asexuell zu sein als cis Personen. Dies kann darauf hinweisen, dass in trans* spaces nicht heteronormative Sexualität offener diskutiert und stärker akzeptiert wird.
3. Transition geht viel zu schnell, es muss länger gewartet werden.
Die meisten Therapeut*innen, die Indikationen für Hormonersatztherapie stellen, setzen vorraus die Patient*innen mindestens 6 Monate im Vorfeld zu behandeln. Für eine Indikation für angleichende Operationen werden 12-18 Monate auf Hormonersatztherapie vorausgesetzt, dies ist zwar nicht rechtlich verankert, wird jedoch fast immer so umgesetzt. Ausnahmen können ein hoher Leidensdruck sein, aber auch dies wird selten berücksichtigt.4
Auch ein so genannter „Alltagstest“ über 1-2 Jahre wird oft vorausgesetzt. Dies addiert sich zu gut 4 Jahren, bis eine angleichende Operation vorgenommen wird.
Auch wollen nicht alle trans* Personen überhaupt Hormonersatztherapie oder angleichende Operationen, oder nur einen Teil davon.
4. Kinder können nicht wissen ob sie trans sind.
Nunja, ich wusste nicht, dass ich trans bin, weil ich nicht wusste, dass das geht. Bessere Aufklärung hilft in diesem Fall allen Kindern, die das gefühl haben nicht dazu zu gehören. Kinder, die in Wirklichkeit cis sind, bekommen die Möglichkeit geboten über trans* Themen zu lernen und werden dadurch informiert in ihrem Umgang mit trans* Kindern in ihrem Umfeld. Kinder die trans* sind finden durch Aufklärung die Worte um sich auszudrücken.
Abgesehen davon bildet sich geschlechtliche Identität im Alter von 2-4 Jahren heraus.5 Manche Menschen entdecken trotzdem erst viel später, dass sie trans* sind und das ist okay.
5. Es gibt Personen die detransitioniert haben und die Transition bereuen.
Die detransition-Rate liegt, in hohen Schätzungen, bei 3%.6
Studien gehen weiterhin davon aus, dass nur wenige, die detransitionieren später nicht wieder eine Transition beginnen, keine offiziellen Zahlen vorhanden.7
Trans* Personen machen je nach Quelle 1,6-3% der Bevölkerung aus. In meinen weiteren Ausführungen werde ich nun also von 2% ausgehen.
Operationen in der Krebsbehandlung haben eine Rate von 14,4% an Patient*innen die ihre Operationen bereuen. Diese medizinische Behandlung will jedoch kein Mensch abschaffen, da anerkannt ist, dass zum Beispiel die Mastektomie bei Brustkrebs eine oft nötige Behandlung ist.8
Transfeindliche Feminist*innen wollen die medizinsche Notwendigkeit geschlechtsangleichender Maßnahmen nicht akzeptieren, obwohl diese seit Jahren belegt ist.9 10
Bei einer Rate von 3% detrans Personen, wären das 42 Millionen auf der ganzen Welt. Andere Quellen gehen von 1% detrans Personen aus, 14 Millionen weltweit.
In der Studie, die als Quelle für die 3% Detransitionsrate hergenommen wurde, sagen 23% aus, auf Grund von Diskriminierung detransitioniert zu haben. 60% sagten aus sich wohler mit ihrem „Geburtsgeschlecht“ zu fühlen.
Die Methodologie der Studie war jedoch bestenfalls wünschenswert. Befragt wurden 100 Probant*innen, die hauptsächlich über transfeindliche Foren wie MumsNet und durch Posts von bekannten Gender Critical Feminist*Innen rekrutiert wurden. 11
Dies lässt darauf schließen, dass durch neutralere Samples andere Zahlen zu erwarten wären.
Die Fragen von Littman‘s Studie waren auch entsprechend des Gedankenguts der Autorin geladen. Transitionsgründe die gewählt werden konnten waren unter anderem „I felt I would be more socially acceptable as a member of the target gender“ und ähnlich formulierte Antworten.
Diese spielen auf das Argument an, das ich als nächstes behandeln werde.
6. Trans sein ist ein Weg gender non-conforming Personen in Stereotype zu drücken.
Hier kann ich leider keine Quellen bieten, jedoch reicht ein Blick auf die weitere trans* Community um dies zu widerlegen.
Auch müssen wir uns hier klarmachen, dass trans* Personen es transfeindlichen Feminist*innen nicht recht machen können. Gender non-conforming trans* feminine Personen wird das Frau-Sein komplett abgesprochen, ihnen wird die nicht belegte Störung des Sexualverhaltens, auch oft als Paraphilie bezeichnete Autogynephilie angedichtet. Die Autogynephilie wird übrigens auch als Grund für gender conforming trans* Frauen genutzt.
Ray Blanchard‘s Ansatz von trans* Frauen als autogynephile Männer wurde sogar wissenschaftlich widerlegt,12 jedoch hält sich die Theorie weiterhin stark in transfeindlichen Kreisen und wird von den prominentesten Figuren der Gender Critical Szene propagiert.
7. Trans* Frauen drängen cis Frauen aus dem (Profi-)Sport.
Das Argument ist, dass der Körperbau von trans* Frauen zwingend im Vorteil gegenüber cis Frauen ist. Nicht nur ist das Argument misogyn, es ist auch rassistisch und vor allem falsch.
Eine testosteronbasierte Pubertät führt zu höhere Muskeldichte und längeren Knochen als bei einer östrogenbasierten Pubertät. Jedoch kommt sich die Muskeldichte und -Masse nach etwa zwei Jahren Hormonersatztherapie gleich.13
Individuelle Testosteronlevel sind allerdings durch die Bank unterschiedlich. Auch cis Frauen können in der Pubertät hohe Testosteronlevel haben. Von Regelungen zu erlaubtem Testosteronspiegel scheinen auch bisher nicht trans* Athletinnen betroffen zu sein, sondern mehrheitlich women of colour. 14
Auch wird die durchschnittlich höhere Körpergröße als Vorteil ausgelegt.
Cis Frauen die einen durchschnittlichen Wert überschreiten, werden jedoch auch nicht aus dem (Profi-)Sport ausgeschlossen.
Auch gibt es keine Belege, dass eine höhere Körpergröße automatisch einen Vorteil in allen Sportarten bringt.
8. Trans* Frauen sind Männer.
Nein, sind sie nicht.
Es gibt natürlich auch bigender Personen, die transitionieren, da ist es möglich, dass sie auch als trans* Frauen Männer sind, jedoch würde ich jetzt einfach mal behaupten, dass das nicht das ist, was Gender Critical Feminist*innen meinen.
9. Intersex Personen sind immer männlich oder weiblich, das kann eins klar zuordnen.
Dies basiert auf der Ähnlichkeit der äußeren Genitalien und sagt nur aus, ob die Genitalen Penis, Vulva, oder uneindeutig, aber sehen aus wie Penis oder Vulva sind.
Seit der Zwang intersex Personen männlich oder weiblich bei Geburt zuzuordnen weggefallen ist, stieg auch die Menge der „divers“ oder leeren Einträge in den Geburtsurkunden.
10. Frauenhäuser und andere Schutzräume für Frauen werden Männern geöffnet.
Ich würde diesem Thema gerne einen eigenen Text widmen, denn es ist unglaublich umfangreich und schwer kurz und trotzdem nuanciert zu behandeln. Kurz gefasst, Frauenhäuser haben bisher auch trans* feminine Personen aufgenommen, so fern überhaupt Kapazitäten vorhanden sind um irgendwen aufzunehmen.
Cis Männer die Gewalt ausüben wollen hatten jedoch schon die ganze Zeit Zugang. Wieder einmal müssten sie dafür nur einen Blaumann anziehen.
Wer schonmal im Frauenhaus war weiß, wenn sich ein Mann als Bewohner*In einschleichen würde um zu spannen, wäre dieser sehr schwer enttäuscht.
Es ist eigentlich das gleich wie mit Umkleiden oder Toiletten. Wir erledigen alles dort so diskret wie möglich und es ist unwahrscheinlich, dass eins uns wirklich nackt sieht.
11. Gesunde Brüste werden einfach abgeschnitten!
Wenn die Person ihre Brüste nicht will, sollte sie das Recht haben die loszuwerden, ganz ungeachtet davon ob sie trans* ist oder nicht.
Was ist das für ein Feminismus, der Leuten vorschreibt was sie mit ihrem Körper machen dürfen?
12. Trans Männer sind verwirrte Lesben
1. Es gibt schwule trans Männer.
2. Ich bin trans maskulin und trotzdem noch eine Lesbe.
Da wird auch gern das Argument hochgeholt, dass trans* Ideologie Butch Lesben auslöschen soll.
Als trans* maskuline Butch-Lesbe weiß ich um ehrlich zu sein gar nicht was ich dazu groß sagen soll.
Es gibt gender non-conforming trans* feminine Butch-Lesben. Es gibt Menschen wie mich. Nichtbinäre Butches. Und natürlich auch immer noch cis weibliche Butch Lesben.
Abschließend möchte ich den Lesenden gern etwas mit auf den Weg geben:
Ihr könnt keine rationalen Argumente von uns fordern, während ihr die irrationalen Argumente der Gegenseite, die in wenigen Worten zu entkräften sind in so weit akzeptiert, dass ihr ernsthaft darüber diskutiert und Bedenken habt, sie durch klare Argumentation von euch zu weisen.
Eure verinnerlichte Transfeindlichkeit wird dabei sichtbar.
Wenn ihr das nächste Mal in so eine Debatte gezogen werdet gibt es hier etwas, das ihr sagen könnt:
„Nein, ich werde mich auf keine solche Diskussion einlassen. Trans* Menschen brauchen Zugang zum Feminismus genau so sehr wie wir anderen auch, das Patriachat schädigt uns alle. Eine Diskussion lenkt uns nur von wichtigeren Themen und Taten ab.“
Quellen: https://platzimfeminismus-text.carrd.co/
Begriffserklärung: 1 afab bedeutet „assigned female at birth“
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